Bericht: Ursula Hürzeler

Fotos: Ursula Hürzeler

Ein Kränzchen für das Personal

Wer im April als Besucher beim Domicil Mon Bijou in Bern vorbeikam, stand vor versperrten Türen: wegen Corona geschlossen. Keine Aussenkontakte mehr, zum Schutz der Betagten, so verlangte es der Bundesrat. Die harte Massnahme hatte ihren Grund: vielerorts im Ausland erwiesen sich die Alters- und Pflegeheime nämlich als besonders gefährlich, ja als eigentliche „Virenschleudern“. Eine solche Entwicklung wollte man in der Schweiz unbedingt verhindern. Man habe rasch auf das Covid-19-Virus reagiert, erzählt mir Pascal Studer, der Geschäftsleiter, am Telefon. Und – Glück im Unglück – wegen der Infektion mit einem Norovirus im Dezember sei man auch gut vorbereitet gewesen: Abschotten, Desinfizieren, Masken tragen. Die grösste Gefahr gehe in einem solchen Ernstfall vom Personal aus, sagt Pascal Studer, denn die Angestellten müssten all die Hygienemassnahmen ja auch in der Freizeit genau einhalten, um sich nicht anzustecken. Aber hier gab es keinerlei Probleme: „Die Selbstverantwortung, die Disziplin unserer Leute war vorbildlich. Ich kann ihnen nur ein Kränzchen winden und Danke sagen.“ Grosses Verständnis für die strengen Massnahmen zeigten laut Studer auch die 64 Bewohnerinnen und Bewohner des „Domicil“. Für sie bedeutete dies zum Beispiel, ihre Angehörigen zeitweise gar nicht oder nur noch im eigens dafür eingerichteten „Plouderhüsli“ durch Plexiglas zu sehen. Allerdings: „Wir haben immer Ausnahmen gemacht, etwa wenn es jemandem besonders schlecht ging“, sagt Pascal Studer. „Da waren auch persönliche Besuche im Zimmer möglich.“

Bethli Bettler ist denn auch voll des Lobes über das Domicil-Personal. Nein, sagt sie mir am Telefon, nein, sie habe nicht gross unter der Quarantäne gelitten. Am Anfang sei es allerdings etwas mühsam gewesen, allein essen zu müssen. Wegen der Ansteckungsgefahr habe man die Bewohnerinnen und Bewohner weit auseinandergesetzt, und der direkte Kontakt, das gesellige Beisammensein, sei so natürlich weggefallen. Und die Abschottung des Domicils, die Besuchssperre? Die bald 102-jährige Pantherin lacht: „Weißt Du, ich bekomme sowieso nur noch selten Besuch. In meinem Alter sind halt viele Bekannte schon gestorben“. Umso mehr hat Bethli die Telefonate geschätzt. Mit ihrer Freundin Therese natürlich und dann mit ihrem Sohn, der in Frankreich lebt. Mit dem skypt sie mittlerweile jeden Dienstag. „Die Domicil-Leute richten mir den Computer dafür ein, und los geht’s“.

Und jetzt, da der Lockdown Geschichte ist, sich der Alltag langsam wieder normalisiert und sogar die eingeschworenen Kinofans der Grauen Panther bald wieder Filme im Domicil-Saal ansehen werden? „Wir müssten mit dem Virus leben“, sagt Geschäftsleiter Studer, also weiterhin vorsichtig sein. Aber er ist zuversichtlich. Denn bisher hat sich in seinem Alters- und Pflegeheim niemand mit dem Covid-19-Virus angesteckt. Und dabei soll es auch bleiben.

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