Geschichte und Geschichten ums Rathaus Bern
Wir treffen uns bei klirrender Kälte auf dem Rathausplatz mit Thomas Göttin, einem Kenner des Ratsbetriebs und der Baugeschichte dieses Hauses, war er doch vor sechs Jahren ein Jahr lang Stadtratspräsident, also höchster Berner – und das, obwohl er ein waschechter Basler ist.
Der Bau des Rathauses begann vor sechshundert Jahren, auch weil der alte Bau durch den Stadtbrand beschädigt wurde, aber vor allem aus Prestigegründen. Die Stadt Bern stieg in dieser Zeit zur dominierenden Macht auf. Das Gebäude wurde mehrmals renoviert und zwischen 1940 und 1942 unter dem sozialistischen Baudirektor Robert Grimm umgebaut, wobei viele Schnörkel im Zuckerbäckerstil entfernt wurden. Angefügt worden sind bei dieser Umgestaltung Motive der Landesverteidigung und der Arbeiterbewegung. Die Säulenhalle ist uns bekannt vom Fernsehen, wo nach Abstimmungen und Wahlen Gewinner und Verlierer zu Wort kommen. Reich verziert sind die Säulen der einen Seite, ganz schlicht die andere Seite, das Geld wurde knapp und somit gab es keine schönen Verzierungen mehr.
Im ersten Stock besetzen nun wir Panther den Grossratssaal, also da, wo sich auch der Stadtrat immer donnerstags trifft. Nun vernehmen wir Interessantes und Amüsantes vom Ratsbetrieb. Wo sitzen die Linken, wo die Bürgerlichen, welches sind die begehrtesten Plätze, wo haben die ersten Frauen im Parlament ihre Sitze gehabt, wie ist es mit dem Stichentscheid des Ratspräsidenten…. Zwischen dem Grossratssaal und dem Regierungsratszimmer aus dem 15. Jh. bewundern wir Glasfenster von Augusto Giacometti.
Haben wir vor der Rathausführung gewusst, dass im Regierungsratszimmer immer eine Bibel aufliegt? Sie ist 1644 in Basel gedruckt worden, prächtig in Samt gebunden und mit reichen silbervergoldeten Beschlägen verziert. Anhand der Namensschilder auf den Pulten sehen wir, wo »die Regierung hocket», wenn sich die sieben Mitglieder zu ihren wöchentlichen Sitzungen treffen.
Es gibt auch eine kleine Kapelle im Rathaus. Dieser Sakralbau ist ausgeschmückt mit leuchtenden Fresken vom Berner Maler Fritz Pauli aus den vierziger Jahren. Die Wandelhalle ist bestückt mit grossflächigen Bildern von Ferdinand Hodler, einer prachtvollen Pendule und kostbaren Funk-Kommoden.
Voller neuer Eindrücke steigen wir vom ersten Stockwerk die breite Treppe hinunter und bewundern ein Kunstwerk aus dem Jahr 2021, eine Wand Installation, geschaffen zur Würdigung von Albert Gobat, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger Regierungsrat.
Mit Applaus und Pralinés vom Altstadtconfiseur verabschieden wir uns von unserem charmanten Guide.