7. November 2017

Bericht: Trudi Kummer

Fotos: Ursula Hürzeler

Vortrag von Dr. Lukas Fierz, Bern am 7. November 2017

Zyklus „Altersgerechte Zukunft / Meine Meine Begeisterung hält sich nicht an Grenzen“

Thema: Erfahrungen in der heilen Schweiz

Sehr geehrter Herr Fierz

Ihr letzter Satz hat mich erschreckt. Am Ende Ihres Vorlesens und als letzte Antwort auf Bertino Somainis Fragen sagen Sie, Sie seien nun 76 und es gehe Sie nichts mehr an!
Aber beginnen wir vorne: Sie sitzen auf der Bühne im roten Sessel.

Wir vernehmen, dass Sie Arzt sind und Politiker waren. Und nun haben Sie ein Buch geschrieben, gewachsen aus der Wut gegen Ungerechtigkeit und Gleichgültigkeit. Viele der Geschichten haben Sie in Ihrer Praxis erlebt. „Begegnungen mit dem Leibhaftigen“, so der Buchtitel. Sie sagen, um zu wissen, wo der Teufel wirke, müsse man ihn zuerst sehen. Einer, der in Teufels Mühle gekommen ist, ist der Bär, ein kräftiger Mann, nach einem Motorradunfall arbeitsunfähig und nun auf Versicherungsleistungen angewiesen. Sie lesen uns diese Geschichte vor: von den anderthalb Kilo Akten und dass Sie als Gutachter sehen, dass der Patient nicht mehr arbeitsfähig ist beim Wasserkraftwerk im Gebirge. Sie gehen mit ihm durch die Instanzen, zum Revierarzt der Unfallversicherung, zum Hauspsychiater der Unfallversicherung, danach zum Psychosomatiker und noch zum Neuropsychologen, alle miteinander vernetzt. Obwohl Sie die Argumente der Herren widerlegen, wird der Fall am Schluss abgelehnt. Es fehle ihm eigentlich nichts, dem Bär, und so bekomme er hier kein Geld. Mitten im Vorlesen stechen Sie mit dem Zeigfinger heftig auf Ihr Knie und schauen eindringlich zu uns: Und wüssezi, die mached söttigi Guetachte bis uf de hüttig Tag! Und Hauptsach d Autoversicherig isch müglechst günschtig!!

Die nächste Geschichte fängt beschaulich an im Seegarten von Grossvaters Ferienhaus. Der betagte Gartennachbar kommt plaudern, aber so harmlos-beliebig ist das nicht, denn er ist der berühmte Psychiater C.G.Jung, der sich hier an die jungen Brüder Fierz wendet. Er hatte 1925 eine Begegnung mit einem Häuptling der Puebloindianer. Dieser habe prophezeit, der weisse Mann werde untergehen, dazu fuhr er mit den beiden Zeigefingern von den Augen zu einem imaginären Punkt auf dem Tisch. Untergehen, weil der weisse Mann nur einen einzigen Punkt fixiere und alles drumherum ausblende. Und der denke mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen. 30 Jahre später sitzen Sie im Nationalrat, der Club of Rome sagt voraus, dass das bisherige Wirtschaften in eine Katastrophe führe, und Sie sind unzufrieden über diesen Lauf der Dinge und gründen mit andern zusammen die Grünen. Freuen dürfen Sie sich, dass das Blutbad von Verkehrstoten seit 1970 um 80 Prozent abgenommen hat dank Gurtenobligatorium, Tempolimiten, Veloförderung… Weiterhin ärgern müssen Sie sich über das Teufelswort Wachstum in allen Bereichen unter Ausblenden der Natur und besonders der bedrohlichen Erderwärmung. Laut dem Klimatologen Schellenhuber ist der Zug abgefahren, es gibt die Vorstellung, dass Afrika im 2050 unbewohnbar sein wird und eine Milliarde Menschen fliehen müssen.

Wir sitzen betreten und ratlos da. Am Schluss stellt Ursula für uns die Frage, was wir tun könnten. Die Antwort ist rudimentär-gewichtig und zusammengesucht aus Ihren Worten: aufhören, Kohle zu subventionieren, CO2-Gift reduzieren, Gebäude isolieren, eine nationale Mobilmachung, auch wütende alte Frauen und Männer sollten darüber reden.
Sie aber haben mit Ihrem Buch ein weiteres Ziel erreicht: D Lüt söttets wüsse! Und übrigens: Glauben tu ich Ihnen den eingangs erwähnten Satz nicht so ganz.
Vielen Dank fürs Aufrütteln!

Trudi Kummer
Herzlichen Dank an Bertino und sein Team für die Organisation.

Nachfolgend noch einige Schnapschüsse von Ursula Hürzeler:

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