Bericht:
Ruth Aegler

Fotos:
Züsi Widmer und Yolande Burnod

Zu Gast beim Orgelbauer Kuhn in Männedorf

Zunächst eine kleine Entwicklungsgeschichte der Orgel: Die Orgel hat, neben Konzertsälen, in den Kirchen im Gottesdienst einen festen Platz erobert und ist darum zum Inbegriff für Sakralmusik geworden. Das war nicht immer so, wenn man die wechselhafte Vergangenheit der Königin der Instrumente betrachtet.

Ihre Wiege stand in Alexandria/Ägypten, wo ein Techniker und kein Musiker namens Ktesibios um 246 v.Ch. ihr Geburtshelfer wurde. Er baute bereits mehrere Pfeifenreihen, die unterschiedliche Ton/Klangfarben erzeugen konnten mit Hilfe von notwendigem Luftdruck und mechanischer Luft-Steuerung. Diese klingende Konstruktion, ORGANON, erreichte schnell grösste Beliebtheit. Das Spielen darauf wurde sogar eine Disziplin der olympischen Spiele in Griechenland. Ausgerechnet NERO, der römische Kaiser und Christenverfolger, nebenbei ein virtuoser Orgelspieler, führte 67 n.Chr. die Orgel, die er von seinem griechischen Lehrer kannte, in Rom ein. Zu den gewaltigen Klängen des Instruments liess er sich in der Arena vom Volk feiern, liess Gladiatoren auftreten und Christen gegen Löwen um ihr Leben kämpfen.

Das Instrument gehörte zu den Statussymbolen der wohlhabenden Oberschicht. Das änderte sich auch nicht, als Kaiser Konstantin das Christentum zur Staatsreligion erhob und seine Hauptstadt von Rom nach Byzanz verlegte. Mit Pomp und Orgelmusik demonstrierten er und seine Nachfolger ihre Macht mit jedem öffentlichen Auftritt. Die Orgel, ein Attribut der Kaiserverehrung, blieb fast 1000 Jahre im oströmischen Reich unangetastet. Währenddessen war das römische Westreich längst untergegangen und mit ihm die Orgel in Europa.

Im Abendland tauchte sie erst im Jahre 757 wieder auf, als Kaiser Pipin eine Orgel von Kaiser Konstantin V. als Geschenk erhielt. 100 Jahre später wurde im westlichen Europa die 1. Orgel in Aachen (nach)gebaut. Kirchenväter und Päpste waren generell gegen jedes Musikinstrument während des Gottesdienstes. Dies galt besonders für die Orgel, sie war für sie der Inbegriff der Sinnlichkeit und Weltlichkeit. (Zwingli und Calvin verboten das «Teufelswerk» auch! Dennoch: still und leise verbreitete sich der Besitz von Orgeln mehr und mehr übers Land. Klöster und Kirchen horteten Reichtum, von dem sie in einer Orgel anlegen konnten, ihr Besitz erhöhte ihre Bedeutung. Gleichzeitig lebten in den Klostergemeinschaften Geistliche mit einem enormen Wissen, um solch ein anspruchsvolles Instrument bauen und bedienen zu können.

Nun folgen 15 Orgel-interessierte Pantherinnen einem Fachmann durch das Reich des Orgelbauers. Lager und Werkräume, in denen die verschiedensten Materialien lagern. Harthölzer, Metallteile, Filz, Leder, Farben, Konstruktionspläne an den Wänden. Wir erfahren: der Orgelbau beginnt mit der Planung, dem Entwurf der Orgel und des Herstellungsverlaufs. In rein handwerklicher Arbeit werden alle Einzelteile für das Instrument angefertigt. Für eine mittlere Orgel kann das bis zu 2000 Stunden ergeben. Dafür sind Handwerker aus verschiedenen Branchen zuständig. Allrounder, sie stellen mit äusserster Präzision auch die kleinsten Einzelteile her, neben den Pfeifen aus Holz. Die Pfeifen aus einer Blei- und Zinnlegierung liefert der Zinnpfeifenmacher. Wir konnten ihm bei seiner Arbeit, dem Löten einer Pfeife aus Blech, zuschauen. Wir bewunderten seine ruhige Hand. Jede Pfeife ist ein Einzelstück und jede Orgel ist ein Unikat! Unser Orgelfachmann benutzte Worte, die viele von uns noch nie gehört hatten: Klaviaturen, Trakturen, Windladen, Ton und Register -Ventile, Windversorgung, das Gehäuse, der Prospekt……Nach einer zweistündigen Intensivführung waren wir alle voll der Bewunderung für diesen Beruf, ein bisschen reicher an Wissen und Verstehen der Orgel.

Wir freuten uns auf ein entspanntes Zmittag im nahen Restaurant an der frischen Luft, die vom Zürisee herüberwehte und auf das von Züsi angekündigte kleine Konzert in der Kirche von Männedorf. Der Organist war Jürg Brunner, unser pensionierter Organist der Berner Heiliggeistkirche. Vorausgehend erklärte er uns «quasi am läbigen Modell» Begriffe, die wir vorher theoretisch kennengelernt hatten.

Danke, lieber Herr Brunner, dass sie für uns alle Register gezogen haben und diesen Tag für uns so schön und klangvoll enden liessen.

Ein ebenso herzliches DANKE Dir liebe Züsi im Namen aller für diesen bereichernden Tag.

 

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